Herausgeber:

Bürgerinitiative „Unser Stadion“ Jena
www.ernst-abbe-sportfeld.de
Diese E-Mail-Adresse ist gegen Spambots geschützt! JavaScript muss aktiviert werden, damit sie angezeigt werden kann.
Ansprechpartner: Steffen Heilmann



1 Warum wir Fans uns „einmischen“

In den vergangenen Jahren hat sich im Ernst-Abbe-Sportfeld einiges verändert. Eine moderne Tribüne ersetzte die 1924 errichtete altehrwürdige Holztribüne. Darüberhinaus investierte der FC Carl Zeiss Jena, nicht zuletzt auf Druck des DFB und der DFL, in eine neue Anzeigetafel, eine Rasenheizung sowie in eine neue Zusatztribüne auf der Gegengerade. Viel Geld wurde vom größten Thüringer Fußballverein in die Hand genommen, um notwendige Verbesserungen herbeizuführen.

Dennoch kann man derzeit keineswegs hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Schaut man sich in Fußballdeutschland um, so wird schnell klar, dass man sich wettbewerbstechnisch gerade noch im unteren Mittelfeld aufhält. Die bisher vorhandene Infrastruktur bringt bei jedem Spiel zahlreiche Probleme für die Zuschauer, da die Zuwege zum Stadion völlig ungenügend angelegt sind. Der Gästeblock befindet sich direkt zwischen den beiden Fanblöcken und birgt ein enormes Sicherheitsrisiko in sich.

Als Bürgerinitiative möchten wir daher den geplanten Umbau des Ernst-Abbe-Sportfeldes mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln vorantreiben und nach besten Möglichkeiten bei der Umsetzung mitwirken. Gleichzeitig möchten wir Persönlichkeiten aus Sport, Politik, Wirtschaft und dem gesellschaftlichen Leben für unser Anliegen sensibilisieren sowie alle Fans und Bürger motivieren, sich unserem Vorhaben anzuschließen und sich aktiv an verschiedenen Unterstützungsmöglichkeiten zu beteiligen.

Als Bürgerinitiative „Unser Stadion“ haben wir uns am 17.10.2008 im Jenaer Fanclub-Haus gegründet, mit dem Ziel, alle gemeinsamen Kräfte in Thüringen und Umgebung zu bündeln. Vom FC Carl Zeiss Jena wurden wir dabei auch als Interessenvertreter der Jenaer Fans im Zusammenhang des zukünftigen Stadionumbaus anerkannt. Ob Dauerkarteninhaber auf der Haupttribüne oder in der Südkurve, ob alte oder junge, weibliche oder männliche Fans, bei uns sind alle Gruppen vertreten und willkommen. Wir verstehen uns als Anlaufpunkt und Plattform für alle Fans und Bürger, die die Vision eines reinen Fußballstadions im Jenaer Paradies vereint. Wir sind dabei zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit Interessenvertretern aus Bund, Land und Kommune unser mittelfristiges Projekt realisieren können.

Als Bürger und Fans sind wir die Zielgruppe und Nutzer des neu zuschaffenden Areals. Wir leisten hiermit einen Betrag, das neue Stadion stimmungsvoll und fanfreundlich zu gestallten und somit für Sportler und Zuschauer einen Ort der positiven Emotionen zu schaffen sowie mögliche Fehler bei der Planung zu vermeiden. Architekten benötigen, um zielgruppengerecht planen zu können, konkrete Vorgaben des Bauherrn. Hierfür möchten wir mit unserem Positionspapier einen Beitrag leisten.


2 Unser Stadionkonzept

2.1 Stehplätze

Unsere Vision ist eine überdachte Stehplatztribüne in der Südkurve für die Jenaer Anhänger in geschlossener Form und ohne Ober- und Unterrang, damit die Stimmung sich optimal ausbreiten kann. Generell sollte man versuchen zumindest den Fanblock werbefrei zu gestalten, damit Fanfahnen aufgehängt werden können. Die Anzahl der Wellenbrecher im Stehplatzbereich sollte so gering wie möglich sein. Auf keinen Fall sollte die gesetzliche Mindestanzahl überschritten werden.

Für die Koordinierung des Supports sollte ein Podest vor dem Fanblock installiert werden. Neben dem Stehplatzblock/-blöcken in der Südkurve sollte ein weiterer Stehplatzbereich im Stadion geschaffen werden, damit auch Fans einen preiswerten Zugang in das Stadion erhalten, die sich nicht aktiv am lautstarken Support beteiligen wollen oder können.

Aus Gründen der Deeskalation sollten in den Heimbereichen des Stadions möglichst vereinseigene Ordner des FC Carl Zeiss Jena zum Einsatz kommen. Auf jeden Fall sollten sie für den Bereich des Fanblocks eingesetzt werden.

Zur Lagerung von Choreographiematerialien und ähnlichen Utensilien wäre die Integration eines großzügigen Lagerraums im Stadion wünschenswert.


2.2 Sitzplätze

Die Sitzplätze der jetzigen Haupttribüne sind relativ bequem und durch ihre Klappkonstruktion sehr praktisch. Daher stellen wir uns für die neu zuschaffenden Sitzplatzbereiche ähnliche Klappsitze vor. Sinnvoll wäre es dabei den Abstand zwischen den Sitzplatzreihen, im Vergleich zur bereits bestehenden Haupttribüne, etwas zu vergrößern, damit sich auch großgewachsene Fans wohl fühlen können. Darüberhinaus würde es die Tribünen optisch aufwerten, wenn die Farbauswahl der Bestuhlung in den Vereinsfarben gewählt oder aber vollständig in blau gehalten wird.

Wünschenswert wären darüberhinaus Schriftzüge wie z.B. „FC Carl Zeiss Jena“, „JENA“ oder „1903“.


2.3 Abstand zum Spielfeld

Der Abstand zum Spielfeld sollte so gering wie möglich gehalten werden, allerdings sollten Sichtbehinderungen bei Einwürfen oder Eckbällen vermieden werden.


2.4 Bandenwerbung und Zaunfahnen

Die Bandenwerbung sollte so konstruiert werden, dass das Aufhängen von Zaunfahnen weiterhin ermöglicht wird.


2.5 Gästeblock

Mit der jetzigen direkten Nachbarschaft von Fan- und Gästeblock in der Südkurve besteht ein enormes Konfliktrisiko. Unter solchen Bedingungen kann man sich als Heim- und Gästefan nicht wohl fühlen. Es muss aus unserer Sicht daher daran gearbeitet werden, die Gästefans in der gegenüberliegenden Nordkurve unterzubringen. Auch für unsere Gäste sollte ein Podest zur Koordination des Supports zur Verfügung stehen. Außerdem sollten überwiegend Stehplätze angeboten werden. Darüberhinaus sollte die Möglichkeit bestehen Zaunfahnen anzubringen. Werbung sollte sich daher auch im Gästeblock in Grenzen halten.


2.6 Stadionname

Als Bürgerinitiative sind wir mit dem Namen „Ernst-Abbe-Sportfeld“ sehr zufrieden. Ernst Abbé war ein bewundernswerter Bürger und verhalf unserer Stadt Jena zu Annerkennung auf der ganzen Welt. Sollte es sich unter keinen Umständen vermeiden lassen, den Stadionnamen nicht beizubehalten, bevorzugen wir regional anerkannte Unternehmen als Namenspartner.


2.7 Sanitäre Anlagen

Sanitäre Anlagen sind keinesfalls ein Randthema sondern bekanntlich auch das Aushängeschild eines jeden Gastgebers. Daher sollte man sich auch dort wohl fühlen können. Metalltoilettenbrillen, wie in der jetzigen Haupttribüne, werden diesem Anspruch nicht gerecht. Wünschenswert sind ebenso Seifenspender im gesamten Sanitärbereich sowie leistungsstarke Händetrockner oder Einmalpapierhandtücher. Auch für unsere kleinsten Besucher sollten Wickelräume vorhanden sein, ebenso wie behindertengerechte Toiletten auf verschiedenen Seiten des Stadions, damit die Wege nicht zu weit sind.


2.8 Catering und Zahlweise

Als Thüringer Traditionsverein sollten in unserem Stadion die besten Thüringer Bratwürste der Region angeboten werden. Idealtypischerweise auf Holzkohle gebraten und nicht vorgebrüht. Viele Zuschauer aus anderen Bundesländern kommen nicht zuletzt auch wegen dieser Thüringer Spezialität nach Jena.

Die Bezahlung sollte generell bar möglich sein. Kartensysteme wie z.B. in München lehnen wir ab.


2.9 Allgemeine Verkehrssituation

Die Infrastruktur muss grundlegend verändert werden. Dazu gehören der Ausbau und die Verbreiterung der Zuwege ebenso wie der Bau eines Parkhauses. Letzteres könnte z.B. auf den Parkplätzen gegenüber der Jahnwiese oder neben dem Sportforum entstehen. Um die Verkehrssituation insgesamt zu entlasten bietet sich außerdem die Schaffung von Fahrradständern vor dem Stadiongelände an.


2.10 Akustik/ Baustil

Bei der Planung der Zugänge zu den Blöcken sollte auf Eingänge von unten bzw. mitten im Block wie z.B. in Köln oder Magdeburg verzichtet werden. Diese Eingangsluken „zerreißen“ den Block, sodass sich die Stimmung nicht optimal ausbreiten kann. Wir bevorzugen einen Zugang zu den Blöcken von oben. Sollten sich Eingangsluken überhaupt nicht vermeiden lassen, sollten sie so weit oben wie möglich platziert werden, damit der Fanbereich geschlossen bleibt.

Plexiglaswände zur Trennung zum Spielfeld gehören nicht in ein Fußballstadion, da sie die Atmosphäre abschirmen.

Trennzäune sollten nur wenn unbedingt nötig und so flach wie möglich gestaltet werden, damit die Stimmung auch auf andere Blöcke „überschwappen“ kann.

Ein Ballfangnetz vor den Hintertortribünen sollte aus optischen Gründen unter allen Umständen vermieden werden. Sollten sich Fangnetze nicht verhindern lassen, sollte auf Werbemuster am Netz, aufgrund der entstehenden Sichtbehinderung für die Zuschauer, zwingend verzichtet werden.

Die Blöcke sollten so gestaltet werden, dass sie bis auf die Höhe des Spielfelds reichen. Eine Podestlösung wie z.B. in Leipzig oder Rostock lehnen wir ab, da zum einen bei TV-Übertragungen oft nur kahle Wände zu sehen sind und zum anderen der „direkte“ Kontakt zu unseren Spielern fehlt. Das fanübliche „Abklatschen“ nach erfolgreichen Begegnungen wäre somit unmöglich. Der Trennzaun sollte dabei so geschaffen sein, dass der Blick so ungehindert wie möglich ist und sich Zaunfahnen gut befestigen lassen. Gitterstäbe wie in München erwiesen sich dabei als sehr unpraktikabel. Mit einer entsprechend guten Neigung der Blöcke lässt sich das Sichtproblem generell gut umgehen.

Beim gesamten Stadionumbau muss der Architekt die Stadionakustik als wichtigsten Faktor begreifen, der nicht vernachlässigt werden darf. Eine entsprechende Dachneigung in großzügiger Länge – nicht zuletzt im Interesse der Besucher in den unteren Reihen – und geschlossene Seitenwände, können verhindern, dass der Schall in den Himmel „verpufft“. Die Vorgabe an ein neues Stadion sollte sein: „Steil, überdacht laut und nah dran!“

Wir bevorzugen eine leichte Kurvenneigung der Hintertortribünen, da sich die Stimmung durch den optischen Kontakt unter den Fans noch besser ausbreiten kann. Nicht umsonst spricht man in Fankreisen auch von der Faszination einer Fankurve. Außerdem ermöglichen leichte Kurven auch eine bessere Sicht z.B. bei Eckbällen.

Die Interessen von Rollstuhlfahrern sollten bei der Stadionplanung insgesamt berücksichtigt werden.

 

2.11 Integration eines Fußball-und Sportmuseums

Der FC Carl Zeiss Jena ist ein Verein mit ruhmreicher Vergangenheit und großer Tradition. In seiner langen Geschichte konnte der 1903 gegründete Fußballclub beachtliche Erfolge feiern.
3-maliger Fußballmeister, 4-maliger Pokalsieger, 87 Europapokalspiele gegen namenhafte Mannschaften wie Ajax Amsterdam, Roter Stern Belgrad, Leeds United, FC Valencia, Benfica Lissabon, AS Rom, Real Madrid, Girondins Bordeaux, Sampdoria Genua, Olympique Marseille und das Europapokalfinale gegen Dinamo Tiflis seien hier nur stellvertretend genannt. Die meisten dieser beachtlichen Erfolge sind unmittelbar mit der Spielstätte in Jena, dem Ernst Abbe Sportfeld, verknüpft.

Da ein Umbau (bzw. zu einem Großteil Neubau) eines Stadions weitreichende Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes mit sich bringen wird, geht ein fester Bestandteil aus der Historie „verloren“.
Damit die außerordentliche und mit vielen Erinnerungen und Emotionen verbundene Geschichte und Tradition des FC Carl Zeiss Jena und seiner Spielstätte in einem würdigen Rahmen aufgearbeitet werden kann, setzt sich die Bürgerinitiative „Unser Stadion“ als Interessenvertretung der Fans beim Thema Stadionumbau dafür ein, dass im neuen Ernst-Abbe-Sportfeld Traditionen und Werte gepflegt werden können.

Die Integration eines Fußball-und Sportmuseums rund um die Sportgeschichte Jenas und des FC Carl Zeiss im Speziellen bietet hierfür den besten Platz. Im Rahmen des Nutzungskonzeptes des neuen Stadions sehen wir hier die einmalige Chance einen Anlaufpunkt zu schaffen, auf den alle Fans des FCC stolz und interessierte Besucher gespannt sein werden. Bei der Umsetzung der Planungen zu diesem Projekt bietet die Bürgerinitiative, wie auch bei allen anderen Punkten dieses Positionspapiers ihre Unterstützung an.


2.12 Erhalt der Flutlichtmasten

Für die Einmaligkeit des äußeren Erscheinungsbildes des aktuellen Ernst-Abbe-Sportfelds ist unter anderem die Flutlichtanlage mit ihren 70m hohen Masten verantwortlich. Für viele Fans und Besucher sind diese Masten ein unverzichtbarere optischer Identifikationspunkt im Stadion.
Bei allen Planungen von Architektenseite sollte stets geprüft werden, ob ein Erhalt der Masten und der Beleuchtungsanlage möglich ist.


2.13 Bewegungsfreiheit im Stadiongelände

In vielen modernen Stadien ist es nicht möglich sich im Stadiongelände im gesamten Heimbereich zu bewegen, weil die einzelnen Tribünen und Zugänge von einander durch Zäune getrennt sind.

Bei der Planung des Außenbereichs um das Stadion sollte es daher von allen Zugängen möglich sein, nach Betreten des Stadiongeländes alle Tribünen und Außenstände zu Fuß zu erreichen, ohne dabei das Stadiongelände verlassen und erneut betreten zu müssen. Hiervon ausgenommen ist natürlich der Gästebereich.

Dies ermöglicht den Besuchern eine uneingeschränkte Bewegungsfreiheit im Stadiongelände, um sich mit anderen Besuchern treffen zu können und alle Bereiche, Stände und Toiletten des Stadionumfeldes zu erreichen. Zudem erspart dies einen zusätzlichen Aufwand für das Ordnungspersonal, welcher mit dem Verlassen und erneuten Betreten des Stadions verbunden wäre. Darüber hinaus bietet ein zusammenhängender Heimbereich optimale Flucht- und Zufahrtsmöglichkeiten im Katastrophenfall.

 

3 Ausblick

Natürlich müssen die Eintrittspreise fanfreundlich gestaltet werden, damit die gewachsene Fanszene bestehen bleibt und sich insgesamt weiterentwickeln kann. Bei der Konzeption einer möglichen Betreibergesellschaft des Stadion möchten wir, dass die Stadt oder der Verein die Mehrheit an „unserem Zuhause“ hält, damit die demokratische Legitimation und die Einflussnahme durch die Bürger bzw. die Vereinsmitglieder gewährleistet bleibt.

Wünschenswert wäre es, wenn das neue Stadion ein Ort der sozialen Kontakte bleibt und wird. Das Jenaer Fanclub-Haus ebenso wie die Integration von Ständen der Fanorganisationen – beispielsweise für den Supporters Club und für die Ultra-Szene - müssen erhalten bleiben. Fanfreundlichkeit, sowie die Eigenschaften „steil, überdacht, laut und nah dran“ sollten dem Architekten als zentrales Leitbild dienen.

Als Fan- und Bürgerinitiative möchten wir uns nach besten Möglichkeiten einbringen, um bei der ideellen und finanziellen Umsetzung mitzuwirken.

Gemeinsam für Atmosphäre im Paradies!


Mit blau-gold-weißen Grüßen
Die Fan- und Bürgerinitiative „Unser Stadion“ Jena