Der Präsident äußerte sich anlässlich der diesjährigen Mitgliederversammlung am 12.01.2013 in Anwesenhet von Jenas Oberbürgermeister Albrecht Schröter, den Finanzdezernenten Frank Jauch, weiteren Jenaer Lokalpolitikern und etwa 280 Vereinsmitgliedern nochmal zur aktuellen Stadiondebatte. Seine Rede findet ihr hier.
Rainer Zipfel:
"Bitte erlauben Sie mir, vor dem Hintergrund der aktuell wieder heftiger werdenden öffentlichen Diskussion ein paar Worte aus Vereinssicht dazu zu verlieren.
Trotz unseres Abstiegs in die Regionalliga, ist es und ein Bedürfnis, auch und gerade jetzt nochmals deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass ein Stadionumbau in Jena von immenser Bedeutung für den Fußball in unserer Region sowie die Strahlkraft unserer Stadt und des Freistaates Thüringen ist. Die oftmals von Kritikern des Projektes ins Feld geführten Beispiele vom 1. FC Magdeburg oder Leipzig, in denen ein Arenen-Bau nicht zwangsläufig zu sportlichem Erfolg führte, können wir zwar nachvollziehen, dennoch haben wir eine andere Betrachtung auf diese Problematik:
Eine moderne Arena ist sicher kein Garant für sportlichen Erfolg – aber die Grundlage dafür!
Gern möchte ich Ihnen die Notwendigkeit dieses Projektes in Jena aus Sicht unseres FCC schildern:
Da wären zum einen die infrastrukturellen und sicherheitstechnischen Notwendigkeiten zu benennen, die mit dem aktuellen Zustand des Ernst-Abbe-Sportfeldes in keiner Weise erreicht werden. So stellen allein schon Zuwegung und Einlasssituation zum Stadion eine deutschlandweit wohl einmalige Sondersituation dar. Kassen und Stadiontore sind nicht direkt am Stadion sondern bereits am Rand der mehr als zehn Plätze umfassenden Sportanlage. Das erschwert enorm die Durchführung weiterer Nachwuchsspiele sowie Bundesligapartien des FF USV an Spieltagen unserer 1. Mannschaft und macht zu dem eine Fantrennung äußerst kompliziert. Gerade Letztere führt zu einem erheblichen Mehraufwand für Polizei und Verein, der durch zusätzliche Ordner und auch temporäre wie fortdauernde bauliche Maßnahmen einen erheblichen finanziellen Mehraufwand zu leisten hat. Auch die Fantrennung im Stadion ist eine in Deutschlandweit als einmalig zu bezeichnende Sondersituation. So befindet sich der Gästebereich direkt zwischen dem Stehplatzbereich der Heimfans und der angrenzenden Haupttribüne, was bei sogenannten Risikospielen ein kaum zu kontrollierendes Risiko in sich birgt und selbst mit hohem Personal- und damit einhergehenden Kostenaufwand nur bedingt abzusichern ist.
Des Weiteren erfüllt das Stadion in keiner Weise grundlegende sanitäre Anforderungen. So müssen mit Ausnahme für die Besucher der Haupttribüne in allen Bereichen mobile Toilettenboxen oder –container gestellt werden. Dies ist weder zeitgemäß noch ohne weitere Kosten für den FC Carl Zeiss Jena realisierbar. Ähnlich zum sanitären Notbehelf verhält es sich mit der Starkstromversorgung im Stadion. Der FC Carl Zeiss Jena hat seit mehr als sechs Jahren in Summe einen sechsstelligen Aufwand betreiben müssen, um die TV-Übertragungen, die ein erhebliches Stadtmarketing für Jena darstellen, technisch abzusichern. Hierfür musste ein Stromaggregat angeschafft werden, das mit Diesel betrieben die Grundversorgung absicherte, die heute von TV-Übertragungswagen benötigt und von den Verbänden vorgeschrieben wird. Diese Mehrkosten wurden vom FC Carl Zeiss Jena ebenso getragen wie die Anmietung eines Steigers zu jedem Drittliga-Heimspiel, der für die Hintertorkamera zwingend vorges chrieben ist. Selbst mit der Stellung des Aggregats konnte jedoch nur eine Teillösung des Problems erzielt werden, da im Rahmen der Lizenzierung von DFL und DFB abgesicherte Stromnetze gefordert sind. Diese so genannte Redundanz wird auch mit dem einfachen Aggregat nicht erreicht. Hierzu bedürfte es eines weiteren Aggregates, um absolute Sicherheit bei Übertragungen zu gewährleisten und die technischen Auflagen der Verbände DFB und DFL im Rahmen der Lizenzierung zu erfüllen. Gleiches Problem stellt sich bei der in die Jahre gekommenen Flutlichtanlage.
Wir und die Jenaer Fans haben diese zwar auf Grund ihrer einmaligen Schönheit und ihres Denkmalcharakters ins Herz geschlossen, müssen aber gleichzeitig feststellen, dass sie in keiner Weise mehr den technischen Anforderungen des Fernsehens und der Verbände DFB und DFL entspricht. Dies gilt zum einen für die Beleuchtungsstärke, die horizontal und vertikal deutlich die Mindestgrenzen unterschreitet, und gilt ebenso für die geforderte Redundanz. Eine Absicherung des Flutlichts ist im Ernst-Abbe-Sportfeld nicht gegeben.
Auch was den Service abseits der mangelhaften Sanitärsituation für unsere Besucher betrifft, sind wir nicht mehr wettbewerbsfähig. Dies beginnt bei fehlenden Parkplätzen in der Nähe des Stadiongeländes, setzt sich bei mobilen Imbissständen und einer Zeltlösung für unsere Sponsoren fort, und hört bei den gerade im Herbst und Winter kaum zumutbaren Zuwegungen für die Besucher der unüberdachten Gegengerade noch längst nicht auf. Für den Fußballfan ist es heute eine Selbstverständlichkeit, auch im Winter trockenen Fußes und Hauptes ein Spiel verfolgen zu können, und dies aus einer Perspektive, die ihm erlaubt, aus großer Nähe und ohne Tartanbahn das Geschehen auf dem Rasen zu verfolgen. Durch die für uns lebensnotwendige Vermarktung unseres Vereines durch Werbebanden in Spielfeldnähe sind die Zuschauerbereiche in den Stehplatzkurven als sichtbehindert einzustufen, da der Torraum jeweils nicht erkennbar ist. Der Stehplatzblock G, der schon im Volksmund als „Kaninch enblock“ bezeichnet wird, ist seit mehr als einem Jahr wegen Unterhöhlung durch Kaninchen gesperrt. Das mag nach einer netten Geschichte klingen und kann durchaus zum Schmunzeln anregen, ist aber unter dem Strich fast schon peinlich für eine Stadt, die nicht ohne Grund als „Leuchtturm“ und „München des Ostens“ apostrophiert wird. Auch was die Vermarktung betrifft, sind wir an natürliche Grenzen angelangt. Das Stadion ist bei den Flächen für Bandenwerbung nahezu ausvermarktet. Diese an sich gute Nachricht zeigt aber auch unser Problem – wir können die Einnahmesituation nicht mehr steigern und damit den Verein auf wirtschaftlich gesündere Füße stellen. Auch hierzu bedarf es dringend des Stadionneubaus, der mit Logen, Businesseats und modernen Hospitalitybereichen sowie einer modernen LED-Werbebandenanlage neue Vermarktungsfelder erschließt. Die zu Beginn der Saison unter unseren Fans entbrannte Ticketpreissituation in Jena belegt deutlich, dass die Ansprüche un serer Zuschauer und auch Sponsoren mit Blick auf die modernen Stadien in anderen Städten zu Recht deutlich gewachsen sind. Sollte die einmalige Chance des Stadionbaus an Jena vorüber gehen, wird sich die Einnahmesituation deutlich verschlechtern. Das ist für unseren Verein existenzbedrohend!
Wenn wir über einen Stadionumbau sprechen, muss aus unserer Sicht eindeutig die Errichtung eines „reinen Fußballstadions“ ohne Tartanbahn - unter Berücksichtigung einer Lösung für die vielen Leichtathletikfreunde in Jena - die Zielstellung sein. Der Trend beim Stadionbau in Deutschland und anderswo geht nicht ohne Grund deutlich hin zu reinen Fußballarenen, was nicht nur an der besseren Sicht, intensiverer Stimmung und auch messbar höheren Zuschauerzahlen liegt, sondern auch Vorteile im Rahmen der Realisierung, der benötigten Grundfläche und höhere Flexibilität bei Umbauten oder nötig werdenden baulichen Anpassungen mitbringt. Die Stadien in Bremen und Stuttgart sind sehr gute Beispiele dafür, dass die erst spät gewonnene Einsicht, dass ein reines Fußballstadion erhebliche Vorteile bietet, durch nötig gewordene Umbauten einen erheblichen Mehraufwand bedeutete, den man sich bei einer weitsichtigeren Grundsatzentscheidung zu Beginn der Umbaumaßnahmen hätte erspare n können. Mit Ausnahme des Olympiastadions in Berlin gibt es in Deutschland keine einzige moderne Arena mehr mit einer Laufbahn.
Wir wollen weiterhin junge Talente entwickeln und natürlich auch unserer sozialen Verantwortung als Aushängeschild unserer Stadt Rechnung tragen. Die Grundsteine mit dem Sportgymnasium, der Elite Schule des Fußballs sind gelegt. Aber dafür bedarf es auch Vorbilder und einer Perspektive, die wir unseren jungen Talenten bieten wollen. Und hier spielt ein Stadion, eine moderne Heimat des Jenaer Sports, und damit einhergehend natürlich eine erfolgreiche 1. Mannschaft des FC Carl Zeiss Jena eine eminent wichtige Rolle. Andernfalls verlieren wir den ohnehin schon harten Wettbewerb um Talente gegen andere Vereine (wie z.B. RB Leipzig) und büßen weiteren Boden bei der Wettbewerbsfähigkeit ein.
Unabhängig von unserer jetzigen sportlichen Situation, die für uns in der Regionalliga alles andere als befriedigend ist, haben wir – angetrieben und unterstützt von unseren Fans, Sponsoren und Jenaer Bürgern - natürlich den Anspruch, schnellstmöglich wieder aufzusteigen und in den bezahlten Fußball zurück zu kehren. Da das umgebaute Stadion sicher einen Bestand von 30, 40, 50 oder mehr Jahren haben wird, lehnen wir uns nicht zu weit aus dem Fenster, wenn wir sagen, dass dieses Stadion sehr wohl wieder höherklassigen Fußball sehen wird.
Lieber Oberbürgermeister, lieber Albrecht Schröter, Sie haben einmal gesagt: 'Wenn Alle an einem Strang ziehen, das Vorhaben nicht zerredet wird, ist es zu schaffen. Ich sehe es als große Chance für Jena. Für mich ein wichtiger Ansporn, mich dafür einzusetzen.'
Dem habe ich nichts hinzuzufügen!
Wir können nur appellieren, alle Kräfte zu bündeln, den Stadionumbau zu forcieren. Wir als FC Carl Zeiss Jena wollen unseren Beitrag dazu leisten, in dem wir die wirtschaftliche Grundlage in die Hand bekommen, bei der Refinanzierung dieses Projektes durch für Eigentümer und Verein realistische Stadionmieten zu helfen – für den Fußball, die Region und für unsere Stadt Jena."